Dr. Katarzyna Mol-Wolf hat eine beeindruckende Karriere gemacht:Vor knapp zehn Jahren gründete die promovierte Juristin den Hamburger Verlag INSPIRING NETWORK. Seitdem leitet die 45-Jährige als Geschäftsführende Gesellschafterin das mittelständische Medienunternehmen. Für das Frauenmagazin EMOTION und die Philosophie-Zeitschrift HOHE LUFT ist Mol-Wolf in Personalunion als Herausgeberin verantwortlich. Außerdem ist sie FAZ-Aufsichtsratsmitglied. 1981 kam sie als kleines Mädchen mit ihrer Mutter aus Polen, und die beiden bauten sich mit nichts außer Mut im Gepäck ein neues Leben auf. Heute hat Katarzyna Mol-Wolf geschafft, was sich viele Frauen wünschen, Kind und Karriere zu vereinen. Die Mutter einer Tochter verfolgt deshalb eine Mission: Mit ihrer Arbeit will sie Frauen unterstützen, sich zu trauen, das Leben nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Und genau dafür hält sie bei ShePotential ein mutmachendes Plädoyer.
Seit vielen Jahren möchten wir mit der Zeitschrift EMOTION Frauen eine Stimme geben und erheben selbst für Frauen und ihre Rechte unsere Stimme. Wir möchten nicht nur inspirieren, sondern auch etwas bewegen. Und damit passen wir in die aktuelle Zeit, in der immer mehr Menschen für ihre Ziele und Werte aktiv werden.
Mit Bestürzung nehme ich wahr, dass sich junge Mütter wieder häufiger aus dem Beruf zurückziehen oder diesen erst gar nicht starten und sich die Doppelbelastung von Kind & Karriere weniger zutrauen, als es schon mal der Fall war. Sie alle brauchen mehr denn je neue Rollenbilder, Frauen, die zeigen, dass heute alles möglich, dass Kind & Karriere machbar ist und auch großen Spaß machen kann.
Die Mütter, die Kind & Karriere vereinen, leben uns als Vorbilder vor, dass es sich lohnt:
- Wenn wir mutig sind und mutiger werden. Jede Frau ist mutig, wir warten nur manchmal zu lange damit, unsere Entscheidung oder Ideen umzusetzen und dann verlässt uns manchmal der Mut.
- Wenn wir uns mehr zutrauen – und unseren Perfektionismus zur Seite legen.
- Wenn wir uns gegenseitig unterstützen – statt unsere größten Kritikerinnen zu sein.
- Wenn wir groß denken und ebenso groß handeln. Ein Freund gab mir mal den Leitspruch: Not even the sky ist the limit! Diese Überzeugung stärkt mich in dem Bewusstsein, dass alles möglich ist. Wir haben nichts zu verlieren. Und wenn auch mal etwas nicht klappt, geht es nur darum, dass wir wieder aufstehen, lernen und weitergehen!
Frauen können alles sein, wenn wir uns vor allem nicht davon abbringen lassen, etwas zu werden, was wir heute noch nicht sind: ebenso selbstverständlich federführend für unsere Gesellschaft wie Männer. Leider sieht die Realität anders aus. Wir kennen alle die niedrigen Quoten von Frauen in DAX-Vorständen und Aufsichtsräten, aber auch in den obersten Führungsetagen vieler Branchen. Female Empowerment ist „in“, die Zahlen spiegeln das jedoch noch nicht wider.
Einige junge Frauen und Unternehmerinnen finden das Engagement von Emotion für Frauenquoten und Förderung von Frauen übertrieben, da sie selbst das Gefühl haben, überall hinzukommen, wohin sie möchten, und da sie auf keinen Fall Vorteile gegenüber Männern haben wollen. Solche Aussagen finde ich auf der einen Seite gut. Es mich freut, wenn sich Frauen alles zutrauen und keine Hürden auf ihrem Weg spüren. Auf der anderen Seite müssen wir bei dem Thema Gleichberechtigung unseren Blick weiten, auch mal in andere Branchen schauen, auf andere Generationen oder in Statistiken, die belegen, dass sich die Wirklichkeit leider noch anders gestaltet. Ich zähle daher umso mehr auf unser gemeinsames Engagement für alle Frauen.
Ich möchte mir auch nicht ausmalen, was mit unserer gleichberechtigten Teilhabe passiert, wenn Künstliche Intelligenz nur von Männern programmiert und gesteuert wird! Es gibt ebenso viele technisch-talentierte Frauen wie Männer – aber noch zu wenige in Führungspositionen im Tech-Bereich und vielen anderen Branchen.
Was wir auf unserem Weg zur gleichberechtigten Teilhabe brauchen, ist meines Erachtens vor allem ein Kulturwandel: Eine repräsentative Umfrage der FAZ hat vor einiger Zeit ergeben, dass es nur 22 Prozent der Westdeutschen Männer und Frauen befürworten, wenn Mütter von Schulkindern arbeiten. Diese Zahl zeigt uns mit einer erschreckenden Deutlichkeit, dass wir in Deutschland dringend mehr Toleranz benötigen! Und dieser Kulturwandel wird uns nur gemeinsam gelingen. Denn, wie kann es sein, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der alles möglich zu sein scheint, wir aber trotzdem an traditionellen Bildern festhalten, wie etwas zu sein hat?
Kürzlich habe ich mal wieder einen Artikel einer Mutter auf LinkedIn gelesen, die darüber schrieb, wie sie sich mit ihrem Partner die Familienarbeit 50/50 teilt. Sie erzählte von ihren Erfahrungen, vom Stress, der dahintersteckt. Der Artikel provozierte über 200 Kommentare von Männern und Frauen, die schon die Idee, dass es auch andere Lebensmodelle geben kann, als Angriff sahen. Ich wünsche mir daher, dass wir uns gegenseitig mehr Toleranz, Feingefühl und Freundlichkeit schenken, uns mehr Freiheit geben, unseren eigenen Weg zu gehen, und uns so sein und handeln lassen, wie wir sein und leben wollen.
Vielleicht machen andere Lebensmodelle manchen von uns Angst? Vielleicht setzen sie uns unbewusst unter Druck und lassen uns das eigene System hinterfragen? Ich wünsche mir, dass wir lernen, die Formen des Lebens anderer Frauen zu akzeptieren. Wir müssen sie ja nicht gutheißen, aber jede und jeder von uns hat das Recht, das eigene Leben so zu leben, wie sie oder er es möchte. Das ist die große Freiheit, die wir in diesem Land haben.
Denn die Situation ist für die, die etwas Neues ausprobieren, schon fragil genug: Es dauert, bis sich ein neues Lebensmodell als gleichberechtigte Alternative etablieren kann. Immer noch sind zum Beispiel Männer, die sich zu gleichen Teilen an der Familienarbeit beteiligen, eine Ausnahme. Übernehmen sie einfach ihren Teil, wird dies oft als etwas Besonderes gefeiert. Klar, genau wie Frauen als Astronautinnen eine besondere Aufmerksamkeit erhalten, sind heute Männer, die im Haushalt mithelfen noch nicht selbstverständlich. Umso mehr sollten wir auch sie feiern, da ein Leben jenseits gelernter Rollenbilder von allen mehr abfordert.
Ich finde nicht, dass sich jedes Paar die Familienarbeit 50/50 aufteilen muss! Mir ist es allein wichtig, dass wir alle toleranter anderen Lebensmodellen gegenüber werden! Auf diesem Weg helfen uns sichtbare, moderne Rolemodels – Frauen, die den Mut haben, ihren eigenen Weg zu gehen. Die uns zeigen, dass jede einzelne von uns viel bewegen und alles erreichen kann.
Nicht jede von uns muss dabei Großes leisten. Wichtig ist allein, dass wir uns alle gemeinsam bemühen, jungen Mädchen und Frauen zu zeigen, dass ihnen die Welt offensteht. Dass sie eben alles sein können. Aber nicht sein müssen. Schließlich sollten wir uns im Alltag alle gegenseitig mehr helfen. Mehr Hilfe geben, aber auch einfordern – von unseren Partnern, von unseren Freundinnen und Freunden, Kolleginnen und Kollegen, von unseren Arbeitgebern, von der Gesellschaft. Denn wir werden diese 78 Prozent westdeutscher Frauen und Männer nur gemeinsam von einem neuen Blickwinkel und von modernen Lebensmodellen überzeugen können.
Und – hier wiederhole ich mich – ich wünsche mir, dass insbesondere wir Frauen lernen, wie großartig es ist, sich im Glanz anderer guter Frauen zu baden, statt mit ihnen zu konkurrieren oder auf ihren Erfolg neidisch zu sein. Wir müssen nicht das Licht anderer ausknipsen, um selbst stärker zu leuchten – im Gegenteil! Unser Leben wird viel leichter und strahlend, wenn wir unseren Fokus auf das Positive lenken. Darauf, wie wir uns gegenseitig stärken können, statt uns gegenseitig zu schwächen.